„Maulkorb“ für Leipziger Stadträte bei herrenlosen Grundstücken

Leipzig setzt alles daran, um den Datenschutz in der Affäre um die herrenlosen Grundstücke zu wahren und verpflichtet die Abgeordneten bei Akteneinsicht zu lebenslangem Stillschweigen.

Wie aus internen Dokumenten hervorgeht, die die Leipziger Linke am Montag veröffentlichte, werden bei einem Verstoß gegen die Regelung Geldstrafen bis zu 25.000 Euro oder zwei Jahre Haft fällig. Alle Stadträte müssen sich, um Zugang zu den Unterlagen der 756 Fälle herrenloser Immobilien zu erhalten. Mit ihrer Unterschrift verpflichten sich die Stadträte, auf die Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte zu verzichten. Das Anfertigen jeglicher Kopien, fotografischer Verfielfältigungen oder Tonaufzeichnungen ist ebenfalls verboten. Schriftliche Aufzeichnungen sind bei Akteneinsicht in geringem Umfang erlaubt.

Die Entscheidung stößt vielerorts auf Kritik. Auf diese Weise sei keine sinnvolle Aufklärung möglich, beklagte Linke-Chef Volker Külow. Die Verfügung sei ein „Maulkorb“. Stadträte würden mit Sanktionen und Drohungen eingeschüchtert.  Auch Barbara Höll, die Oberbürgermeister-Kandidatin der Linken, äußerte sich ablehnend. Wenn die Stadträte nicht verwenden dürften, was sie lesen, könnten sie ihre Kontrollfunktion nicht ausführen, kritisierte sie. Sie appelierte an Oberbürgermeister Jung, eine Untersuchung der Affäre durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einzuleiten.

Die Stadt wies die Vorwürfe zurück. Die Angaben in den Akten unterlägen nicht nur dem Datenschutz, sondern auch den Steuer-, Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. In der Regel seien die Betroffenen nicht damit einverstanden, wenn die Daten zu ihrer Person Dritten zugänglich gemacht würden.

Die Affäre geht bis in die 1990er Jahre zurück, als das Leipziger Rechtsamt zahlreiche Grundstücke verkauft hatte, ohne ausreichend nach dem Eigentümer der Objekte zu suchen. Zudem wurden im dazugehörigen Aktenbestand mehrere Ungereimtheiten entdeckt. Bei der Zahl von 756 Fällen sei zu vermuten, dass systematisch vorgegangen wurde, teilte Höll mit.